Dass mit deinem Vorschlag keine Kompetenzerweiterung einher gehen soll, ist unerheblich für meine Ausführungen. Es geht hierbei vor allem um die politische Legitimierung des höchsten Amtes durch das Volk, was nach deinem Vorschlag der Bundespräsident wäre. Ein politisches Amt (zudem noch eine Einzelperson, die unter bestimmten Bedingungen das Parlament auflösen kann), dass durch direkte Wahlen legitimiert wird, geht zwangsläufig immer mit einer stärkeren Machtkonzentration einher. Eine Direktwahl, auch ohne Kompetenzerweiterung ergibt aus vielerlei Gründen keinen Sinn und ist gleichermaßen gefährlich. Wir erleben gerade in der Türkei, wie ein Präsident zunehmend seine eigene Macht erweitert und die Kompetenzen seines Amtes ausweitet, unter zu Hilfenahme von direkten Wahlen. Und wir haben kürzlich in Österreich beobachten können, wie knapp der Rechtspopulist Norbert Hofer am Präsidentenamt vorbei geschrammt ist.
Wir wissen heute nicht, wie die politische Stimmung in 5, 10 oder 20 Jahren ist. Und ich würde mich im Falle einer zunehmend rechtsgerichteteren Gesellschaft sicherer wägen, wenn ich weiß, dass wir auch dann noch gesetzliche und strukturelle Schranken haben, die verhinden, dass eine Einzelperson ihre Macht missbraucht, auch wenn es heute nur ein überwiegend repräsentatives Amt ist. Das jetzige System mag kein Garant sein, dass sich die Geschichte nicht ähnlich wiederholen kann, aber es hat zumindest starke Elemente zur Wahrung der freiheitlich demokratischen Grundordnung, die aus gutem Grund im Grundgesetz verankert wurden.
Die höchste demokratisch legitimierte politische Institution ist und bleibt das Parlament mit seinen direkt gewählten Volksvertretern. Das ist gut so und hat sich seit Ende des zweiten Weltkrieges bewährt. Das deutsche Grundgesetz ist und war weltweit Vorbild für die Verfassungsgesetzgebung und wir leben in einem vergleichweise stabilen politischen System, während wir weltweit beobachten, wie die Führungspersönlichkeiten in präsidentiellen Systemen ihre politische Macht missbrauchen.
Ich kann beim besten Willen nicht nachvollziehen, wie man auch nur einen kleinen Schritt in eine solche Richtung befürworten kann, vor dem historischen Hintergrund der deutschen Geschichte.
Dass die AfD derzeit die einzige Partei ist, die eine Direktwahl des Bundespräsidenten befürwortet, sollte uns zu denken geben.