Bin gestern also notgedrungen aufgestanden gegen Rechts(extrem) und habe Köthen platt gemacht.
Nein, Quatsch. War auch nicht mein Plan.
Neulich, unter den frischen Eindrücken von Chemnitz, schrieb ich hier schonmal schnell zusammen, welche neue Gefahrenlage sich in Chemnitz offenbart hat und dass ich glaube, dass solche Eruptionen derzeit auch in vielen anderen Regionen Deutschlands möglich sind.
Meine diesbezügliche E-Mail an ein Mitglied des DGB-Bundesvorstands blieb bislang unbeantwortet. Ich muss jetzt nachhaken, befürchte ich. Egal, es gibt eine unmittelbare Fortführung der Geschichte - und schneller als ich hoffte, außerhalb von Sachsen, nämlich in Sachsen-Anhalt, in Köthen. Der Stadt, in welcher Johann Sebastian Bach seine glücklichste Zeit als Familienvater und vor allem als Musiker und Komponist verlebt hat.
In Köthen hat sich seit der „Wende“ in weitgehender Ruhe eine aggressive Neonazi-Szene entwickeln können, die mit einigen der „namhaftesten“ ideologisch äußerst weit rechts stehenden Neonazi-Kadern der Bundesrepublik prima vernetzt ist. Erleben durften das die Augen- und Ohrenzeugen, die gestern beispielsweise mal wieder den von einem um ihn herum tobenden „Rassenkrieg“ schwadronierenden Thügida-Chef und Ex-NPDler Herrn David Köckert erlebt haben. Ich weiß nicht, ob er schon jemals auch von so vielen „NormalbürgerInnen“ Beifall dafür bekommen hat. Lieschen Müller und Kevin Schmidt (Beispielnamen) - ja, ein wenig rechts waren sie schon immer - gefiel das nun ausgesprochen gut, dass endlich mal Fraktur gesprochen wird … auch wenn es gleich in den Krieg gehen soll.
Eklig.
Was in Köthen in meinen Augen sofort richtig gemacht wurde, war:
- 13 Uhr am Tage nach dem Vorfall eine offizielle Trauerveranstaltung am Tatort
- 16 Uhr ein Andachtsgottesdienst
- zeitnah Sammeln möglichst vieler gesellschaftlicher Akteure durch den Oberbürgermeister
mit Folgeterminen - tatsächlich in Form eines Runden Tischs
- Nach meiner Einschätzung war auch die Polizei in fast ausreichender Stärke zusammengeholt,
dennoch kam es zu brenzligen Provokationen durch Gruppen Rechtsextremer gegen die Protestkundgebung linker Gruppen am Hauptbahnhof und aus dem Marsch der Rechten heraus gegen Journalisten.
Ich finde, dass ich polizeiliche Maßnahmen schon häufig deutlich stringenter im Zusammenhang mit Fußball oder linken Demos erlebt habe - Durchsetzung räumlicher Trennung und so.
Immerhin erlebte ich die Polizei um die Linken herum als nicht provokativ.
Das alles sind nun aber die mindestens zu erwartenden Maßnahmen von Politk und Exekutive in dieser Situation.
Das sollte man eigentlich deutschlandweit zur Standardempfehlung machen.
Was mir nicht behagt, ist dieses Betonen, dass doch die rechtsextremen Scharfmacher nicht aus Köthen direkt, sondern von Weither kämen.
Die von mir als richtig betrachteten Maßnahmen der Stadt werden dann als Bemühungen zum Schutz des Images der Stadt deklassiert, anstatt sich der Tatsache zu stellen, dass man eben vor Ort auch die schon erwähnte rechtsextreme Szene hat, dazu leider viel zu viele „besorgte Bürger“
und eine nur wenig Bemühungen zeigende AfD, die Wogen des Hasses und der drohenden Gewalt zu glätten.
Ich werde den Prozess am Runden Tisch wohl weiter begleiten und informiere euch gegebenenfalls über interessante Entwicklungen.