Reduktion der Tierhaltung als Weg zu mehr Umweltschutz und weniger Infektionsrisiken

Vor etwa einem Jahr haben wir schon einmal eine Änderungsinitiative zum Thema ökologische Landwirtschaft mit Schwerpunkt Glyphosat geschrieben, die noch nicht eingebracht wurde.

Aus aktuellem Anlass würde ich gerne noch eine Ergänzung diskutieren, die nicht ganz unstrittig sein dürfte: nämlich ob wir uns generell zum Thema Tierhaltung positionieren wollen. Ich wurde in den letzten Jahren aus drei Gründen immer skeptischer Gegenüber dem Verzehr von Fleisch und anderen tierischen Produkten. Ich verzichte um der Kürze willen vorerst auf Zahlen:

Umweltschutz
Besonders der Anbau von Futtermitteln für die Tierhaltung benötigt gewaltige Flächen und verursacht einen großen Anteil der weltweiten Treibhausgasemissionen. Dazu kommen je nach Art der Landwirtschaft Umweltverschmutzung durch Pestizide, Wasserverbrauch und Leiden der Tiere. Das betrifft nicht nur Fleisch, sondern insbesondere auch die Milchwirtschaft. Auch bei artgerechter Haltung entstehen große Schäden, weil dann noch deutlich mehr Fläche verbraucht wird (durch mehr Freiraum der Tiere, weniger Futter pro Fläche und eine längere Lebensdauer der Tiere).

Seuchenschutz
Die meisten neuen Seuchen in den letzten Jahren hatten ihren Ursprung in Tieren und sind auf den Menschen übergesprungen. Auch wenn die Covid19-Pandemie ihren Ursprung wohl nicht in der Massentierhaltung hatte, weiß niemand, welcher Keim die nächste Epidemie auslösen wird. Bakterien haben durch Antibiotika viel von ihrem Schrecken verloren, aber es gibt vermehrt multiresistente Bakterien, die sich nicht so einfach bekämpfen lassen. Eine der Ursachen für ihre Verbreitung ist der Antibiotikaeinsatz in der Massentierhaltung. Sie stellt also damit ein Risiko dar.

Gesundheitliche Aspekte
Hierzu gibt es sicher am meisten Diskussionsbedarf, ich versuche mal die unstrittigsten Punkte zusammenzutragen.

Argumente für den Konsum tierischer Nahrung:

  • Nur sie enthält natürlicherweise das überlebensnotwendige Vitamin B12. Dieses wird von Bakterien gebildet und muss bei veganer Ernährung zugesetzt/supplementiert werden.
  • Tierische Produkte enthalten viel Eiweiß. Bei veganer Ernährung muss darauf besonders geachtet werden (z.B. durch hohen Anteil an Hülsenfrüchten).
  • Der Umstieg erfordert also ein gewisses Nachdenken und kann zu Mangelerscheinungen führen, wenn nicht aufgepasst wird.
  • Nicht für alle Menschen ist (z.B. wegen Unverträglichkeiten) eine vegane Ernährung geeignet.

Argumente gegen den Konsum tierischer Nahrung:

  • Rotes Fleisch und Milchprodukte können das Wachstum von Krebs fördern (s. WHO-Studie).
  • Tierische Fette tragen deutlich zu einem erhöhten Risiko von Herz-Kreislauf-Krankheiten bei.
  • Tierische Fette können entzündliche Krankheiten fördern.
  • Das Argument, Calcium aus Milch würde Osteoporose verhindern, wurde widerlegt.
  • Bei sorgfältiger Menüplanung und B12-Supplementierung entsteht kein Mangel bei veganer Ernährung.
  • Es gibt immer mehr Athlet*innen, die sagen, ihre vegane Ernährung mache sie erst richtig erfolgreich, weil sie weniger belastet.

Mögliche Forderungen
Ein Verbot von tierischen Produkten und Tierhaltung ist nicht sinnvoll. Es würde auch vielmehr bringen, ein überzeugter Fleischesser reduziert seinen Fleischkonsum, als wenn jemand, der eh wenig Tierisches isst, zum Veganer wird. Wie könnte man die Mengen reduzieren?

Kurzfristige Maßnahmen:

  • 7% MWSt auf Milchersatzprodukte (diese sind Lebensmittel, werden aber aktuell mit 19% besteuert)
  • Ordentliche Arbeitsbedingungen in Fleischindustrie durchsetzen (s. aktuelle Presseberichte) und bessere Haltungsbedingungen für Tiere (beides dürfte den Fleischpreis steigen lassen).
  • Vorgaben, dass in Restaurants und Kantinen mindestens ein vollständiges veganes Gericht auf dem Speiseplan stehen muss

Mittelfristige Maßnahmen:

  • Bessere Aufklärung zu den umfassenden Folgen verschiedener Ernährungskonzepte
  • Verteuerung tierischer Produkte durch eine Steuer oder CO2-Abgabe
  • Flächennutzung anders regeln (was gibt es hier für Möglichkeiten?)

Ich freue mich auf eine anregende Diskussion. Danach können wir ja überlegen, ob wir eine entsprechende Initiative starten.

Quellen (müssen noch vervollständigt werden):

https://www.weltagrarbericht.de/themen-des-weltagrarberichts/fleisch-und-futtermittel.html

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/49489/Verzehr-von-rotem-Fleisch-erhoeht-Sterberisiko

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/60658/Milch-koennte-Fraktur-und-Sterberisiko-im-Alter-erhoehen

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Ich möchte nur kurz anmerken: In der Landschaftspflege wird Weidetierhaltung auch bewusst eingesetzt, um artenreiche Biotope (Magerwiesen u.ä.) zu erhalten. Extensives Grünland schützt den Boden besser als Acker und es gibt Flächen, die nicht sinnvoll für den Ackerbau genutzt werden können.

Beim Anbau von Futtermitteln sollte unbedingt unterschieden werden zwischen Dauergrünland (Weide- und Heu bzw. Silagenutzung) und einem Anbau auf Ackerflächen, womöglich noch in Übersee (Mais, Soja, etc.)

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Krass, das war mir gar nicht bewusst. Wäre auf jeden Fall dafür das zu ändern!

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Was das Infektionsrisiko angeht können wir offensichtlich auch die „Haltungsbedingungen“ der Mitarbeiter einbeziehen :thinking:

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Das in jüngerer Vergangenheit vermehrt Erreger von Wildtieren auf den Menschen übergreifen, hat insbesondere damit zu tun, dass dieser verstärkt in die Lebensräume von Wildtieren eingreift.
Dies geschieht jedoch durch Massentierhaltung und Fleischverzicht gleichermassen.

Bei Ersterem ist es Schaffung von Ackerland für Futtermittel, bei Zweitem Abholzung von Wäldern und Zerstörung anderer Biotope für den Anbau von Reis, Mais, Soja, Palmöl, Raps, … welches sowohl für den Verzehr, als auch für Energiegewinnung oder die Herstellung von Kosmetika dient.

Alles hängt mit Allem zusammen. Platt kann man sagen, dass eigentlich von allen Ressourcen genügend da ist, es jedoch a) eine Sache der Verteilung ist und b) alles auf Gewinnoptimierung ausgerichtet wurde und wird.

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Irgendwo in die Reihe der Argumente sollte der Missbrauch der Antibiotika in der Massentierhaltung Platz finden.
Die Tiere bekommen es ‚prophylaktisch‘, wir Konsumenten und Um-Welt um Mastanlagen auch - mit der ganzen Problematik um die Multiresistente Keime.

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… und zwar auch Reserve-Antibiotika der Humanmedizin :see_no_evil:

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Dies wäre nur so, wenn der Fleischkonsum in gleichem Maße beibehalten würde. Da aber einerseits solches Fleisch teurer ist als „Billigfleisch“ und daher vermutlich weniger davon gekauft würde und andererseits wir ja den Fleischkonsum insgesamt überdenken und deutlich reduzieren sollten, müsste also nicht zwingend mehr deutlich mehr Fläche benötigt werden.

Wichtig ist in dem Zusammenhang auch der Punkt, den Bianca schon eingebracht hat. Wobei dazu unsere aktuellen Milchkühe nicht taugen. Da sind andere Tierarten gefragt um eine ökologisch sinnvolle Landschaftspflege zu betreiben. Hauptsächlich wären dies dann Schafe und Ziegen, die im Gegensatz zu Kühen auch die härteren Pflanzen fressen und damit dem Erhalt der Magerwiesen und der Verhinderung der Verbuschung sinnvoll entgegen wirken.

Was wir wirklich dringend benötigen ist ein Umdenken in den Köpfen der Menschen. Ich möchte niemandem den Verzehr von Fleisch verbieten, aber einmal pro Woche ein Stück hochwertiges Fleisch würde vollkommend ausreichen um unseren Körper mit den Stoffen zu versorgen, die ansonsten schwieriger zuzuführen wären. Dann würden wir auch nicht mehr diese Massentierhaltung mit all ihren Nebenwirkungen (Antibiotika Einsatz, tierunwürdige Haltung, schlechte Arbeitsbedingungen für die Arbeitskräfte, …) benötigen.

Ich selber bin seit ein paar Jahren dabei, meinen Fleischkonsum immer weiter zu reduzieren. Ich habe früher auch täglich Fleisch gegessen, oft sogar mehrmals täglich (inklusive Wurstwaren). Inzwischen bin ich bei ca. 1-2x pro Woche einem Stück Fleisch und ansonsten bei fleischfreiem Mittagessen. Wurst habe ich inzwischen auch auf ein Minimum reduziert und statt dessen oft vegetarische/vegane „Wurst“ bzw. Aufstriche.

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Ich bin ganz bei euch, wenn es um den Verbot von Massentierhaltung geht.

Das hätte auch Auswirkungen auf den Anbau von Futtermitteln und die Menge des konsumierten Fleisch.

Artgerechte Haltung für Nutztiere würde schon viele der genannten Probleme lösen.

Es ist fatal, wenn Fleisch billiger ist als Gemüse.

Würden Menschen gar kein Fleisch mehr essen, würde der Anbau der Pflanzen für die Ernährung zu Problemen führen.

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??? sorry, den Bogen habe ich nicht verstanden.
Flächen für Tierfutter fallen weg, Flächen für Tieraufzucht fallen weg…

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Ich ernähre mich seit über 3 Jahren vegan und jegliches Soja, welches ich seitdem gekauft habe (ob pur oder in Ersatzprodukten), stammt aus der EU.
Ja, Soja aus dem Regenwald ist ein Problem. Allerdings landet das in Tierfutter, nicht in Ersatzprodukten :clown_face:

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Es geht in die Richtung die @Christian schon ansprach. Würden alle Menschen vegan essen wollen, würde die Sojaproduktion zum Problem.

Soja-Anbau: pflanzlicher Ernährung = Regenwaldabholzung?

Nun, proteinhaltig sind Hülsenfrüchte allg., Pilze, Algen, und für Hartgesottene Insekten. ;- )
Alles einfacher zu ziehen.

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Wieviel Quadratmeter stehen einem Mehlwurm zu, bevor wir von Massentierhaltung sprechen. :wink:

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Würmer sind per Definition ‚Massenware‘ - und übereinanderkriechend geht’s in die 3te Dimension.
Ich schätz’ mal pro Wurm 1ccm.
Nahrung: Bioabfall.
Passt!

OK, das ist sehr gewöhnungsbedürftig.
Eher wird ‚Retorten-Steak‘ einschlagen oder auf Currywurst getrimten Hefebakterienkulturen.

Man rechnet in der Biologie damit, dass jede Stufe in der Nahrungskette etwa das zehnfache an Biomasse in der Stufe darunter benötigt. Will heißen, auf 10 kg Schaf kommt nur 1 kg Wolf, oder, beim Menschen, mit Pflanzen werden 10 mal so viele Menschen von der gleichen Fläche satt. Das ist aber natürlich nur ein sehr grober Richtwert, und wie oben erwähnt haben Wiesen und Weiden ihren ökologischen Wert und nicht jede Fläche eignet sich zum Anbau von Pflanzen für die menschliche Ernährung.

Wahrscheinlich wissen die meisten passionierten Fleischesser gar nicht, wie lecker vegetarische Gerichte sein können. Ab und zu Fleisch schmeckt im übrigen viel besser, wenn es was besonderes ist. Ich esse z.B. nur noch selten Fleisch, und dann nur wenn es meine Lieblingsfleischgerichte gibt, auf das, was ich eh noch nie super gern mochte kann ich gut verzichten (aber ich z.B. mag dann auch keinen Fleischersatz). Und vegan leben, so weit wäre ich nicht, weil ich viel zu gerne Käse und Eier (vom Nachbarn) esse.

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Ein Beitrag wurde in ein existierendes Thema verschoben: Humor in Zeiten von Corona

Aus meiner Sicht ist es eher so, dass es aktuell eine Sonderregelung für Milchersatzprodukte gibt, nämlich die erhöhte MWSt (19%). Alle anderen Lebensmittel werden (soweit ich weiß) mit 7% besteuert. Nach allen anderen Regeln werden sie auch als Lebensmittel behandelt (Zutaten- und Nährwertangabe etc.).

Ein Steuersatz, der davon abhängt, wie regional ein Lebensmittel ist, ist eine spannende Idee, ich fürchte aber, dass damit ein großer bürokratischer Aufwand auf Erzeuger und Händler zukommen dürfte.

Vielleicht war das missverständlich ausgedrückt, aber genau darauf kam es mir an:

War das nicht verständlich so?
Denkt ihr auch, dass es überzeugte Fleischesser*innen eher überzeugt, ihren Konsum zu reduzieren, wenn sie die Möglichkeit haben, ab und zu vegane/vegetarische Gerichte zu konsumieren und zusätzlich Vorurteile im Sinne von „Kinder vegan ernähren ist Körperverletzung“ abgebaut werden. Hier übrigens noch eine Studie dazu (für Interessierte, ist auf Englisch):

[Fazit davon: Kinder, die vegan ernährt werden, sind nicht signifikant unterernährt.]

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  1. wäre der Kraftstoff* hoch besteuert (CO2-St.), würde sich der ‚lohnender‘ Weg auch so reduzieren (gilt für Schiffahrt - transkontinental). Bahn, ÜberlandLkw laufen dagegen elektrisch ;- )

  2. ‚Biligfleichproduktion‘ kann auch über verschärfte Auflagen bei ‚Massentierhaltung‘ wegfallen, o. deutlich reduziert werden,

  3. Discounter kann man/frau auch in die Pflicht nehmen. ‚Kampfpreise‘ bei Fleich (deren Massen! u damit dessen Anteil im ‚Korb‘ - und nicht zu letzt auch Einkommensproblematik der Bauern) gehen hauptsächlich auf deren Verkaufsstrategien - bzw. 'Knebelverträge bei Einkauf - zurück,

  4. Phase II: Proteine können auch über Alternativen konsumiert werden.

  5. Phase III: man/frau wird Vegetarier.

*): Schweröl für Schiffsdiesel ist das letzte Dreck aus der Raffinerie - gehört eh verboten werden - und die Verbrennermotoren hier sowieso ersetzt.

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guter Slogan, genau so.