Original Veröffentlichung: Doch, es liegt an den Arbeitsbedingungen! | DEMOKRATIE IN BEWEGUNG
Und wieder entwickelt sich ein Schlachtereibetrieb in Deutschland zum Corona-Herd. Bereits im MĂ€rz, ganz zu Beginn der Pandemie mit dem neuartigen Virus, wurde deutlich, dass die SammelunterkĂŒnfte fĂŒr auslĂ€ndische Arbeiter*innen in Schlachtereien ebenso wie in anderen Lebensmittelbetrieben ein massives Problem darstellen. Die Betriebe holen sich Personal, das oft scheinselbstĂ€ndig oder ĂŒber Subunternehmen angestellt ist und nennen es Werksvertragsarbeiter*innen. Der Name alleine ist purer Hohn. Dann mĂŒssen diese Arbeiter*innen auch noch in MassenunterkĂŒnften auf engstem Raum zusammengepfercht leben. Mit dieser Art der Anstellung hebeln die Unternehmen höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen aus. SchĂ€tzungen zufolge haben 90% aller Angestellten in diesen Betrieben einen solchen Vertrag. Schon das alleine ist ein Skandal.
Doch Corona hat schonungslos gezeigt, dass nicht nur die Arbeitsbedingungen ein Problem sind. âSpĂ€testens ab diesem Zeitpunkt war klar, dass es nicht nur unmenschlich sondern auch gefĂ€hrlich ist, Menschen unter diesen Bedingungen leben zu lassen.â, so Alina Obst, Mitglied im Bundesvorstand von DEMOKRATIE IN BEWEGUNG. Auch den Betreibern dieser Betriebe und der Politik sind die ZustĂ€nde bekannt. Die Betriebe gelobten Besserung, Politiker*innen und Verwaltung wollten ein besseres Auge auf die Betriebe werfen. Arbeitsminister Hubertus Heil hat sogar angekĂŒndigt, diese WerkvertrĂ€ge ganz verbieten zu wollen.
Und jetzt? Drei Monate spĂ€ter? Sind wir genauso weit wie zuvor. Es gibt wieder mehrere hundert Infizierte, 7000 Menschen mĂŒssen in QuarantĂ€ne und ein ganzer Landkreis kommt erneut ins Straucheln. Wir mĂŒssen einmal mehr feststellen: Profit vor Menschenleben. Das ist ein Schlag ins Gesicht der BĂŒrger*innen, die durch viel Disziplin und massive EinschrĂ€nkungen ihres alltĂ€glichen Lebens dazu beigetragen haben, dass Deutschland mit einem blauen Auge davon gekommen ist. Es klingt wie Hohn, wenn der Unternehmenssprecher der Firma versucht zu versichern, dass es nicht an den WohnverhĂ€ltnissen der Arbeiter*innen sondern an den kĂŒhlen Temperaturen im Schlachthaus liege. Noch dreister ist es nur, wenn der MinisterprĂ€sident in NRW die Schuld auf die Arbeiter*innen abwĂ€lzt. die ĂŒber das lange Wochenende in ihre HeimatlĂ€nder gefahren sind und von dort angeblich das Virus mitgebracht haben.
Lieber Herr Laschet: Doch, es liegt an den Arbeits- und WohnverhĂ€ltnissen in diesen Betrieben. Dass Sie versuchen, die Schuld an diesem Ausbruch pauschal auf die Arbeiter*innen abzuwĂ€lzen und Ihre eigene MaĂnahmen auf diese Weise reinwaschen wollen, ist eine skandalöse Verleugnung ihrer eigenen Verantwortung. Die massive Verbreitung in dem Betrieb war nur möglich, weil Hygienestandards in den UnterkĂŒnften nicht eingehalten werden können. Dies bestĂ€tigt auch der Arbeitsschutz in NRW, der sich 250 SammelunterkĂŒnfte fĂŒr Arbeiter in der Lebensmittelindustrie angesehen hat. WĂ€hrend in der Landwirtschaft im GroĂen und Ganzen alles in Ordnung gewesen sei, habe man in Schlachtereibetrieben Ă€uĂerst schwierige Bedingungen vorgefunden.
Es handelt sich hier um ein kapitales Versagen der verantwortlichen Politiker*innen. âWir dĂŒrfen dieses Handeln so nicht mehr hinnehmen. Es muss endlich ein Gesetz gegen diese Arbeitsbedingungen geschaffen werden, wenn es aus einer Selbstverpflichtung heraus nicht funktioniert.â, fordert Alina Obst. Wir erinnern Hubertus Heil deshalb gerne mit Nachdruck an sein Versprechen, WerkvertrĂ€ge zu verbieten und endlich dafĂŒr zu sorgen, dass auslĂ€ndische Arbeiter*innen menschenwĂŒrdig untergebracht werden mĂŒssen. DarĂŒber hinaus mĂŒssen diese Betriebe so engmaschig kontrolliert werden, dass sie nicht mehr in Versuchung kommen, Hygienevorgaben zugunsten des Profits beiseite zu stellen.